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Strahlentherapie: Neue Technik könnte Krebsbehandlung revolutionieren
Zwei Phänomene im Bereich der Strahlentherapie sind seit einigen Jahren bekannt: „In der Literatur gibt es Fälle in denen Metastasen nach einer lokalen Strahlentherapie zurückgingen, wobei lediglich der Primärtumor behandelt wurde. Der sogenannte Abscopal-Effekt“, erklärt Dr. Slavisa Tubin, Facharzt am Institut für Strahlentherapie und Radioonkologie im Klinikum Klagenfurt am Wörthersee. Das zweite Phänomen wird Bystander-Effekt genannt. Dieser beschreibt einen inoperablen Tumor, der nach einer Bestrahlung als Ganzes schrumpft obwohl nur ein kleiner Teil bestrahlt wurde.
Phänomenen auf der Spur
„Allerdings war nicht klar wie man diese Effekte bewusst erzeugen kann. Dieser Forschungsfrage widme ich mich seit 2010“, erklärt Tubin, der sich in Laborversuchen zu Beginn den Aufbau eines Krebsgeschwürs genau anschaute. „Ein Tumor besteht aus mehreren Schichten. Im Inneren befindet sich immer ein toter, inaktiver Kern, der weder auf Chemo- noch auf Radioonkologische Therapien reagiert“, berichtet Tubin. Um den Kern findet sich eine relativ schmale Schicht. Diese sogenannte hypoxische Schicht ist wenig aktiv und ebenfalls sehr resistent gegenüber Bestrahlungen. Ganz im Gegensatz zur nächsten Schicht. „Diese ist hochaktiv und lässt den Tumor wachsen“, so der Facharzt.
Teilbestrahlungen
Bei der Behandlung einer Krebserkrankung gehen Mediziner so vor, dass sie immer den gesamten Tumor sowie einen kleinen Teil des gesunden Gewebes bestrahlen. Dr. Tubin schlug im Rahmen seiner Forschungsarbeit einen neuen Weg ein. „Ich habe Zellen aus der hypoxischen Schicht entnommen, die grundsätzlich wenig aktiv und gegen strahlentherapeutische Interventionen resistent sind. Diese Zellen habe ich einer sehr hohen Strahlendosis ausgesetzt – mit dem Ergebnis, dass sich sowohl der Abscopal- als auch der Bystander-Effekt bestätigen ließen. Bewusst und wiederholbar. Eine wirkliche Sensation“, freut sich Tubin, der bald erste Patienten in seine Forschungsarbeiten miteinbezog. Die Patienten unterzogen sich dabei ausschließlich einer Strahlentherapie, ohne einer zusätzlichen Behandlung wie Chemo- oder Immuntherapie. „Es wurde immer nur ein kleiner Teil des Tumors, nämlich die hypoxische Schicht mit einer hohen Dosis bestrahlt“, berichtet Tubin.
Mit großem Erfolg. „Tatsächlich bildeten sich Tumoren sowie Metastasen deutlich zurück bzw. waren nach der Behandlung nicht mehr nachweisbar“, bestätigt auch Institutsvorstand Prim. Dr. Wolfgang Raunik den Forschungserfolg. Das umliegende Gewebe bzw. die Organe nahmen durch die Bestrahlungstechnik keinen Schaden. „Es ist eine nebenwirkungsarme Technik“, erklärt Dr. Tubin.
Einladung zu Kongress
Die internationale Fachgesellschaft für Strahlentherapie wurde bereits auf die Forschungsarbeiten von Dr. Tubin aufmerksam. „Vor kurzem erhielt ich eine Einladung zum weltweit größten Strahlenkongress in den USA, wo ich meine Studien im Oktober 2018 präsentieren werde.“ Zudem wurde Dr. Tubin im Mai 2018 in Dublin für seine Forschungsarbeiten ausgezeichnet.
Nun sind weiterführende Studien geplant. Innerhalb des nächsten Jahres am Klinikum Klagenfurt am Wörthersee, später auch international. „Bestätigen sich die Forschungsarbeiten von Dr. Tubin, könnte dies die Therapie bei fortgeschrittenen Tumorerkrankungen revolutionieren“, ist sich Prim. Dr. Raunik sicher.
Studien im Klinikum Klagenfurt
Das Klinikum Klagenfurt am Wörthersee nimmt seit 1992 an medizinischen Studien teil. Jährlich werden rund 200 Forschungsarbeiten an den unterschiedlichen Abteilungen durchgeführt. Außerdem befindet sich derzeit ein Studienzentrum im Aufbau, das von Dr. Sandra Gallowitsch geleitet wird. Mit den Studien ist es möglich, der Kärntner Bevölkerung hochinnovative Medizin um Jahre früher anbieten zu können. Im Bereich der Krebstherapie ist zudem geplant, ein Cancer Center im Klinikum Klagenfurt zu etablieren.